Ein kurzes Gespräch mit Dave Gibson über Schlaf

Ein kurzes Gespräch mit Dave Gibson über Schlaf

Im Gespräch mit: Dave Gibson, Schlafexperte. Er hat einen Abschluss in Lebensmittelwissenschaften und ist ein registrierter Osteopath, Heilpraktiker und Hypnotherapeut mit über 20 Jahren Erfahrung im Bereich Gesundheit und Wellness.

Sein Interesse am Schlaf begann, als er merkte, dass er selbst Schlafschwierigkeiten hatte, die er vermutlich von seiner Mutter geerbt hat.

2014 erkannte er, dass auch seine Klienten unter Schlafproblemen litten und gründete die sleepsite.co.uk, um der breiten Bevölkerung Hilfe und Tipps zu geben. Er nutzt Interventionen wie Lebensstilberatung, Meditation, natürliche Heilmittel und Hypnotherapie zur Tiefenentspannung.

 

Warum ist Schlaf so wichtig für uns?

Schlaf erholt den Körper und das Gehirn, jede Zelle geht dabei in den Schlafmodus. Hier gibt es speziell 2 Schlafphasen, auf die ich näher eingehen möchte: Der Tiefschlaf und der REM Schlaf.

23% unseres Schlafes ist Tiefschlaf, das ist der Teil, in dem sich der Körper und die Zellen erholen. Im Tiefschlaf erhält der Körper Wachstumshormone und es findet eine Zellreparatur statt.

Der REM-Schlaf (auch Rapid Eye Movement) ist der Teil des Schlafes, in dem wir am meisten träumen. Träume sind wichtig für unsere emotionale Stabilität, denn durch Träumen verarbeiten wir unsere Emotionen vom Vortag. Während der REM-Phase kommt es außerdem zu einer Gedächtniskonsolidierung vom Kurz- zum Langzeitgedächtnis, das bedeutet, dass das was wir im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert haben, nun auf unser Langzeitgedächtnis übergeht. Das Gehirn entgiftet sich ebenfalls, während dem Schlaf und unser Immunsystem wird wieder hergestellt und wir bauen natürliche Killerzellen auf, die uns auch vor Krebs schützen. Das ist besonders wichtig, vor und nach einer Impfung (1).

Es gibt Studien die einen verkürzten Schlaf (6 Stunden und weniger) mit Demenz in Verbindung gebracht haben. Es ist also wichtig gut und genug zu schlafen (2).

 

Was passiert mit unserem Körper, wenn wir nicht genug Schlaf bekommen, bzw. nicht gut schlafen?

Wir gehen in den Fight- oder Flight Modus (Kampf- oder Fluchtmodus). Wir stören damit die innere Körperuhr und die Hormonregulation und unser Körper produziert mehr Cortisol, da wir uns in einer Stresssituation befinden. Dabei sorgt zu viel Stress für zu wenig Schlaf und umgekehrt. Generell spricht man bei einem Schlaf von unter 6 Stunden als zu wenig und aktuell liegt der Maßstab für Erwachsene bei 7-8 Stunden.
Kurzfristig nehmen die kognitiven Fähigkeiten ab, das Gedächtnis, die Lernfähigkeit und die Konzentration lassen nach. Unter 6 Stunden ist die Leistung gleich der von jemandem, der sich im Rausch befindet, bzw. betrunken ist.

Die guten Darmbakterien werden zerstört, welche normalerweise für Serotonin im Körper sorgen

(Serotonin sorgt gewissermaßen dafür, dass alle Informationsprozesse im Gehirn richtig ablaufen). Die Hormone, die den Hunger regulieren, werden verändert (Leptin wird verringert und Ghrelin erhöht). Ghrelin ist ein Hormon, das hauptsächlich vom Magen produziert und freigesetzt wird, wobei kleine Mengen auch vom Dünndarm, der Bauchspeicheldrüse und dem Gehirn freigesetzt werden. Ghrelin hat zahlreiche Funktionen: Es wird als "Hungerhormon" bezeichnet, weil es den Appetit anregt, die Nahrungsaufnahme erhöht und die Fettspeicherung fördert.

Leptin wird von den Fettzellen produziert und gilt als „Sättigungshormon“, das den Appetit reduziert und für ein Sättigungsgefühl sorgt. Als Signalhormon hat es die Aufgabe, mit dem Hypothalamus zu kommunizieren, dem Teil des Gehirns, der den Appetit und die Nahrungsaufnahme reguliert. Wenn wir zu wenig schlafen, wird Leptin verringert und das Endocannabinoid-System wird stimuliert, sodass man sich nach zuckerhaltigen/fettigen Lebensmitteln sehnt.

Wenn du Sport treibst und versuchst, eine Diät zu machen, verlierst du daher eher Muskeln als Fett. Längerfristig besteht bei zu wenig Schlaf ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Herzkrankheiten und Schlaganfall, da der Stress (einschließlich erhöhtem Cortisol) uns beeinflusst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht daher in Nachtschichten ein Krebsrisiko.

 

Was kann man tun, um besser schlafen zu können?

Die Körperuhr mag Regelmäßigkeit, daher ist eine konsequente Bett- und Weckzeit wichtig. Generell werden wir von der Verfügbarkeit von Licht angetrieben, da unser Körper in Abwesenheit von Licht Melatonin bildet.
Außerdem ist es wichtig eine Abendroutine zu haben, die dich entspannt. Das kann zum Beispiel Yoga sein, ein Buch lesen, etwas Warmes trinken, Tagebuchführung oder ein Bad nehmen. Yoga und Mediation erhöht den Tiefschlaf und schon 5 Minuten (!) am Tag kann positive Effekte zeigen.

Kardio-Training ist ebenfalls wichtig, um in den Tiefschlaf zu gelangen, am besten ist hier das Training am Morgen, jedoch nicht zu spät, ich empfehle zwischen Training und dem Schlafengehen mindestens 2 Stunden, damit die Körpertemperatur nicht zu stark erhöht ist.

Auch sollte man alle technischen Geräte mind. 1-2 Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr verwenden. Das ist nicht nur wegen des blauen Lichtes wichtig, sondern wie wir die Technik, bzw. die Apps auf unseren Geräten nutzen – wir stimulieren unser Gehirn in dem wir uns multi-connecten und geben unserem Gehirn nicht genügend Zeit, die Reize zu verarbeiten.

Ich empfehle ein Schlafzimmer, das wie eine Höhle ist: kühl, dunkel und ruhig.

Schließlich die Ernährung: Hier ist eine Mediterrane Ernährung mit Obst und Gemüse in allen Farben des Regenbogens super. Magnesium wird oft als der Schlafnährstoff bezeichnet, da es uns in unserer Ernährung leicht fehlen kann. Magnesium wird in allen Nerven verwendet, um Muskeln zu entspannen und hilft bei der Qualität und Quantität des Schlafes. Nüsse und Samen sind dabei großartige Quellen für Magnesium. Auch Darmbakterien sind wichtig, um das Gleichgewicht im Darm wieder herzustellen. Am besten ist es keinen Alkohol oder Essen 2-3 Stunden vor dem Schlafengehen zu konsumieren.

Wenn du nachts nicht genügend Schlaf bekommen hast, kannst du das am nächsten Tag mit einem Powernapping während der Siesta-Phase nach dem Mittagessen aufholen. Dies ist unsere natürliche "Nachholschlaf"-Periode. Achte jedoch darauf, dass du nicht zu spät am Nachmittag ein Nickerchen machst, da du sonst nicht zu deiner gewohnten Schlafenszeit einschlafen kannst (denke daran, dass Regelmäßigkeit der Schlüssel zu einer starken Körperuhr ist). Wenn du weißt, dass du eine lange Nacht vor dir haben wirst, kannst du auch ein Schläfchen im Voraus machen um deinen Körper aufzuladen. Das hilft zu vermeiden, dass du am nächsten Tag ein benebeltes Gehirn mit verminderter Konzentration und Fokus hast.


 

Wie wirken sich bestimmte Aminosäuren wie Glycin, Inositol, L-Tryptophan, L-Theanin und GABA auf unseren Schlaf aus?

Glycin dient als Einschlafhilfe indem es dazu beiträgt, schneller einzuschlafen und schneller in den Tiefschlaf zu kommen. Es wird ebenfalls in Neurotransmittern verwendet. Tests zeigen dabei, dass Menschen frischer und wacher aufwachen. Es wird in der Zirbeldrüse absorbiert. Es erzeugte einen Effekt der Senkung der Körperkerntemperatur, was wichtig ist, um in den Tiefschlaf zu gelangen. (3)

Inositol ist ein Kohlenhydrat, das dabei helfen kann, sich ruhig und entspannt zu fühlen, es ist großartig, um Ängste zu reduzieren und wird auch als natürliches Heilmittel bei Depressionen verwendet (4). Es beeinflusst die Serotoninproduktion. Serotonin hat viele Rollen im Körper und wirkt sich auf unser Verhalten und unsere Stimmung aus. Es ist auch eine Vorstufe für Melatonin, das Schlafhormon .

L-Tryptophan wird in 5-HTP umgewandelt, das wiederum in Serotonin umgewandelt wird, und dann in Melatonin, das Schlafhormon, das uns den "Wunsch zu schlafen" gibt. Tryptophan wird bevorzugt mit Kohlenhydraten absorbiert, da sie sich an es binden, was seine Absorption gegenüber anderen essentiellen Aminosäuren erhöht. Es kann bei Schlaflosigkeit helfen, indem es die Zeit zum Einschlafen verkürzt (5).

L-Theanin hilft beim Stressabbau, indem es an den Bahnen im Gehirn arbeitet, die uns helfen, uns zu entspannen. Es reduziert "erregende" Gehirnchemikalien, die zu Stress und Angst beitragen, während es Gehirnchemikalien erhöht, die ein Gefühl der Ruhe fördern. Es ist sogar bekannt, dass es den stressbedingten Blutdruck und die Herzfrequenz senkt (6). Seine Hauptwirkung auf den Schlaf ist die Erhöhung der GABA-Werte (Gamma-Amino-Buttersäure), die die Werte der erregenden Gehirnchemikalien senkt und die Alpha-Gehirnwellen erhöht. Es wird oft mit GABA eingenommen, um die beste Wirkung zu erzielen.

GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Gehirn, es ist derjenige, auf den die hypnotischen Medikamente wirken. Es erhöht die Alphawellen und senkt die Betawellen. Man hat herausgefunden, dass sein Spiegel bei Schlaflosen 30% niedriger ist als bei guten Schläfern (7). Im Allgemeinen gibt es 2 Arten von GABA-Rezeptoren: GABAA und GABAB. Der wichtigste Rezeptor in Bezug auf den Schlaf ist der GABAA. GABA reduziert auch den Muskeltonus. GABA hilft bei Einschlafproblemen indem es die Zeit zum Einschlafen verkürzt und wenn es mit L-Theanin eingenommen wird, hat es sogar noch bessere Ergebnisse. Es verbessert die Qualität und Quantität des Schlafes und hilft Ihnen, noch schneller einzuschlafen als allein.

 

Welche Tipps kannst du noch mit uns teilen?

Ich empfehlen eine gute Morgenroutine – dabei visualisierst du einen stressfreien Tag und einen entspannten Abend, am besten ist es morgens ohne Wecker aufzuwachen und Koffein erst nach 11 Uhr zu sich zu nehmen. Verwende deine technischen Geräte erst nach dem Frühstück und mache regelmäßig Pausen und bewege dich tagsüber. Wenn du von zu Hause arbeitest, kannst du das Pendeln zwischen der Arbeit und deinem zuhause nachstellen, in dem du vor der Arbeit außer Haus gehst, eine Runde drehst und dann erst mit der Arbeit beginnst. Dasselbe gilt für das Ende des Arbeitstages: gehe kurz aus dem Haus und dann wieder zurück, das hilft dir dabei den Arbeitstag abzuschließen.

Erlaube dir früh genüg schlafen zu gehen, um genug Schlaf zu bekommen, es ist dabei vollkommen in Ordnung 10 – 20 Minuten zu brauchen um einschlafen zu können! Führe vor dem Schlafengehen eine Dankbarkeitsliste: schreibe dir dabei ein paar Dinge auf, für die du dankbar bist.

Versuche statt durch die Nase, statt durch den Mund zu atmen, da dies den Sauerstoffgehalt in deinen Zellen erhöht und deinen Schlaf verbessert.

 

Beisatz über die Wissenschaft zur Nasenatmung:

Der Vorteil der Nasenatmung (im Vergleich zur Mundatmung) ist, dass sich die Sauerstoffaufnahme um 10-20% erhöht.  Wenn du mit der Nase atmest, gibt es einen natürlichen Luftwiderstand beim einströmenden Luftstrom. Dies erhöht die Sauerstoffaufnahme, indem die Elastizität der Lunge erhalten bleibt.  Wenn die Luft in die Nebenhöhlen in der Nasenhöhle gelangt, gibt es einen Mechanismus, der die Blutgefäße im Atemtrakt entspannt. Dies wiederum lässt mehr Sauerstoff ins Blut gelangen. Insgesamt erzeugt die Nasenatmung einen 50% höheren Luftwiderstand als die Atmung durch den Mund. Dies erhöht die Anforderungen an dein Herz und deine Lunge in der Nacht und erzeugt ein Vakuum in Ihrer Lunge. Dies wiederum ermöglicht es Ihnen, mehr Sauerstoff aufzunehmen als bei der Mundatmung. Mundatmung ist außerdem mit einem erhöhten Risiko für Schlafapnoe und Schnarchen verbunden, die beide den Schlaf stören. 

Zu den weiteren Vorteilen gehört, dass die Nase Membranen hat, die die Luft auf Körpertemperatur erwärmen oder abkühlen können. Sie fügt der Luft Feuchtigkeit hinzu (Mundatmung trocknet den Mund aus) und fängt Krankheitserreger im Schleim ab. Die Nebenhöhlen in der Nasenhöhle fügen Stickstoffoxid hinzu, um auch Viren und Bakterien abzutöten.

 

Erfahre mehr über Dave Gibson:

Website: www.thesleepsite.co.uk
Instagram: @davesleepexpert